„Abenteuerland Hafen: Die große Schimanski-Nacht“ hieß einer der Programmpunkte des Kulturfestivals Duisburger Akzente, der vier alte Tatortfilme in den Mittelpunkt stellte. Regisseur und Schimanski-Miterfinder Hajo Gies führte gemeinsam mit Filmforum-Chef Kai Gottlob in die Veranstaltung ein.
Kai Gottlob, Geschäftsführer des städtischen Filmforums, und Hajo Gies.
„Auf Duisburg kamen wir, weil Duisburg einen Hafen hat“, erklärte Gies zu Beginn. Er habe das Ruhrgebiet bereits gekannt, da er zuvor zwei Tatort-Folgen mit Hansjörg Felmy in Essen gedreht hatte. Rein optisch habe ihm Duisburg von den in Frage kommenden NRW-Städten am besten gefallen. „Es hatte ein bisschen was Morbides“, sagte er und sorgte dabei im voll besetzten Kinosaal des Filmforums für reichlich Gelächter.
„Die Kommissare waren nie die Hauptfiguren, sie hatten keine richtigen Eigenschaften“, blickte Hajo Gies auf die Vor-Schimanski-Zeit zurück. Er habe hingegen Filme machen wollen, in denen es um das Verhalten der Kommissare zu dem Fall geht. „Bei der Besetzung ist immer das Dick-und-Doof-Prinzip das Beste“, begründete er die Entscheidung für Götz George und Eberhard Feik. „Man muss einen haben, der ausrastet und einen, der ruhig bleibt.“ Kai Gottlieb vermutete, dass George sich selbst gespielt habe, worauf Hajo Gies antwortete: „Wir haben viele seiner privaten Eigenschaften übernommen.“
Hajo Gies, Regisseur vieler Tatort- und Schimanski-Folgen.
Der Kino-Leiter fragte: „Hatte die Figur einen Hang zum Scheiße-Sagen?“ „Das war uns gar nicht bewusst“, so Hajo Gies, „erst als es in der Bild-Zeitung stand, haben wir es gemerkt.“ Götz George habe der Bild kein einziges Interview gegeben, schilderte Gies das Verhältnis zu der Boulevardzeitung. Als Ulrich Matschoss (Kriminaloberrat Königsberg) erkrankt war, habe der Schauspieler Schwuchow als Kriminalrat Kissling dessen Rolle übernommen. „Wir hatten die Idee, dass wir einen Faschisten zum Vorgesetzen machen“, sagte Hajo Gies mit drastischen Worten. Dieser habe Schimanski permanent kritisiert, wobei man für die Kissling-Texte Originalzitate aus der Bild-Zeitung verwendet hat. „Ab dann ging das“, blickte er auf die Auseinandersetzung mit der Presse zurück.
Erwartungsvolles Publikum im Saal des Filmforums Duisburg.
„Es gab Flugblattaktionen: Kein Duisburger mag Horst Schimanski“, erinnerte sich Gottlob an die damalige Zeit. „Ich habe beim Drehen keine Aversionen gemerkt. Im Gegenteil“, hat Gies das gar nicht so schlimm empfunden. Er räumte ein, dass das normale Publikum zwischen Fiktion und Wirklichkeit nur schwer unterscheiden könne. „Wir haben an Stellen gedreht, die pittoresk sind.“ Er hätte das von der Bavaria aus München kommenden Team hier „ja nicht einen Wald filmen lassen“ können.
Götz George entschuldigte sich in einer von Hajo Gies verlesenen SMS, dass er wegen eines familären Termins nicht in Duisburg sein könne. „Drücke bitte alle, die den alten Schimanski noch lieb haben!“, schriebt er Schauspieler. |
„Duisburg-Ruhrort“ hat Fernsehgeschichte geschrieben.
Auf die Publikumsfrage, wie er das im Zuge der Horst-Schimanski-Gasse und den Stadtführungen veränderte Umgehen der Stadt mit Schimanski einschätze, sagte Gies: „Das hätten sie schon früher machen können.“ Auch die Debatte darüber, ob eine fiktive Figur Namensgeber einer Straße sein könne, habe er verfolgt. Noch interessanter habe er die Frage gefunden, ob man die Gasse nach einer noch lebenden Person benennen dürfe. Wenn es nach ihm gehen würde, bewertete Gies die Größe der Wertschätzung für die Tatortfigur, könne es auch eine Horst-Schimanski-Allee geben.
Currywurst-Pause: Hajo Gies, Theo Vogt (persönlicher Fahrer des Schauspielers George) sowie die Schauspielerin Brigitte Janner (Frau Poppinga in „Duisburg-Ruhrort“ und andere Tatort-Rollen).
Nach dem Gespräch mit Gies und Gottlieb startete die Filmreihe mit den Hajo-Gies-Tatortfolgen „Duisburg-Ruhrort“ (1981), Der unsichtbare Gegner (1982), dem Kinofilm „Zahn um Zahn“ (1985) sowie „Der Fall Schimanski“ (1991). „Die volle Formatbreite wird es nicht geben“, warnte Kai Gottlob schon vorher und wies darauf hin, dass es eben eine 35 Jahre alte Fernsehproduktion sei. Tatsächlich erwies sich die Bildqualität des Auftaktfilms als außerordentlich schlecht, was erhebliche Zweifel daran aufkommen lässt, ob das Umgehen mit den noch existierenden Kopien von „Duisburg-Ruhrort“ ihrer fernsehhistorischen Bedeutung entspricht. Die Begeisterung der im Filmforum-Saal versammelten Fans, die den Text teilweise mitsprechen konnten, trübte das jedoch nicht.
Das Interesse an der Schimanski-Nacht war riesengroß, die 193 Eintrittskarten nach wenigen Stunden ausverkauft. Auf der Horst-Schimanski-Facebookseite erreichte die Ankündigung der Veranstaltung die Rekordzahl von 27.800 Personen. |
WAZ Duisburg: Lange Nacht im Filmforum Duisburg huldigt Horst Schimanski
Harald Schrapers · 2016
Dieser Artikel ist zuerst erschienen im tatort-fundus.